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Der Solarenergie in München neue Dynamik verleihen

Der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude und Stadrätin Sabine Nallinger, die Initiatorin des Projektes, stellen heute auf der „Intersolar“ die Solarinitiative München vor.



Die „SIM – München solar durchDacht“ ist ein Beitrag zur Energiestrategie der Landeshauptstadt, möglichst schnell Münchens Strombedarf zu 100 % aus erneuerbaren Energien zu decken. Das Ziel der SIM: Eine Vervielfachung von Solarstrom, der in der Stadt selber erzeugt wird. Die SIM wird dazu die Münchner Wirtschaft sowie die Münchner Bürgerinnen und Bürger motivieren, ihre Dächer zur Verfügung zu stellen und in Solardächer zu investieren. Dabei wird sie gezielt bestehende Hemmnisse aufgreifen und versuchen, innovative Lösungen zu finden, um das bestehende große Potenzial auch möglichst umfassend ausschöpfen zu können.

Dass genügend Potenzial in München vorhanden ist, hat eine Machbarkeitsstudie gezeigt. Jetzt geht es an die Umsetzung. Demnächst fällt der Startschuss für die Gründung der Gesellschaft. Neben der Landeshauptstadt München und den SWM werden nun weitere Partner aus der Münchner Wirtschaft gesucht, um gemeinsam der Nutzung der Solarenergie in München neue Dynamik zu verleihen.

100 % Erneuerbare Energien für München

Die Notwendigkeit, fossile und nukleare Energieträger zu ersetzen, ist unbestritten und heute dringender denn je. Die Stadtwerke München haben sich auf Initiative des rot-grünen Rathausbündnisses das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2015 soviel Ökostrom in eigenen Anlagen zu erzeugen, dass damit alle Münchner Privathaushalte versorgt werden könnten. Bis 2025 sollen die SWM sogar soviel grünen Strom produzieren, dass sie den gesamten Münchner Bedarf decken könnten: 7,5 Milliarden Kilowattstunden. Damit setzt sich München an die Spitze und wäre die erste deutsche Großstadt, die diese Ziele erfüllt. Hierbei liegt der Fokus vor allem auf Großprojekten wie Offshore-Windenergieanlagen in der Nordsee oder Solarkraftwerken in Südspanien.

Lokales Potenzial nutzen

Da jedoch 80 % der Energie in Ballungsräumen verbraucht wird, sollte auch vor Ort in den Städten ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. Die Übereinstimmung von Verbrauchs- und Erzeugungsort schärft das Bewusstsein für die Problematik und stellt darüber hinaus eine technisch sinnvolle Lösung dar. Die lokale Erzeugung von EE ist deshalb ein wertvoller Bestandteil einer umfassenden Strategie auf dem Weg zu 100 % EE.

Zur lokalen Erzeugung ist Photovoltaik (PV) in nahezu idealer Weise geeignet. Sie ist in jeder Größenordnung sinnvoll, vollkommen emissionsfrei und fügt sich sehr gut in das Verbrauchsprofil von Ballungsräumen ein.

Insbesondere in Bayern ist Photovoltaik durch die guten geographischen Rahmenbedingungen, wie z. B. Sonnenscheindauer, heute schon die am weitesten verbreitete alternative Energiequelle. In München strahlt die Sonne durchschnittlich 1800 Stunden pro Jahr mit einer Energie von ca. 1100 kWh/m².

Die Nutzung der Sonnenenergie boomt gerade im ländlichen Bereich. In den Ballungsräumen zeigt sich derzeit noch immer ein deutliches Marktversagen vor allem aufgrund der komplizierten Besitzstruktur der Immobilien. Die SIM will jetzt am Beispiel München zeigen, dass auch in Ballungsräumen eine Erzeugung mittels EE in erheblichem Umfang möglich ist.

Hemmnisse überwinden

Derzeit scheitert ein zügiger Ausbau von Photovoltaik trotz immer noch lukrativer Einspeisevergütung und günstiger Modulpreise oftmals daran, dass die Dachbesitzer über die Möglichkeit und Wirtschaftlichkeit von PV-Anlagen schlecht informiert sind,

  • die Dacheignung und Dachstatik nicht bekannt sind,

  • die Dachbesitzer mit der Technik und dem Know-how zur Umsetzung überfordert sind,

  • die Finanzierung gerade seit der Finanzkrise oft nicht gesichert ist,

  • eine 20-jährige Bindung abschreckt,

  • komplizierte Eigentumsverhältnisse (Zwang zur Einstimmigkeit bei Eigentümerverhältnis-sen) Investitionen blockieren,

  • Besitzer von großen Dächern derzeit nicht die maßgeschneiderten Dienstleistungen vorfinden, die sie für Investitionsentscheidungen benötigen, die nicht zu ihrem Kerngeschäft gehören,

  • Denkmalschutz und Ästhetik Mehrkosten verursachen bzw. eine Investition gänzlich unmöglich machen.

Neben der Geschäftstätigkeit wird es eine wichtige Aufgabe der SIM wird sein, diese Hemmnisse im Rahmen eines Fachbeirats zu thematisieren und so weit wie möglich zu beseitigen.

Machbarkeitsstudie für München

Im Auftrag der Stadtsparkasse  wurde eine Machbarkeitsstudie vergeben, die Aufschluss darüber geben sollte, ob eine Solarinitiative wirtschaftlich darstellbar ist und wie sie ausgestaltet werden kann. Mit der Durchführung der Studie wurde die Anbietergemeinschaft K.GROUP, Ludwig-Bölkow-Systemtechnik und Zirngibl Langwieser beauftragt.

Die Machbarkeitsstudie hat nun bestätigt, dass eine Gesellschaft zur Erschließung des solaren Potenzials zur Stromproduktion für München sinnvoll und auch vor dem Hintergrund der geplanten Verschärfung der EEG-Einspeisevergütung wirtschaftlich darstellbar ist.

Waren Ende 2009 nach Angaben der SWM in München 1.954 PV-Anlagen mit Netzeinspeisung installiert und erzeugten eine Gesamtleistung von 20,9 Megawatt-Peak, so kommen die Gutachter bei ihrer eher konservativ berechneten Potenzialanalyse zu dem Ergebnis, dass mithilfe der SIM ein Potenzial von 300 MWp ausgeschöpft werden könnte. 15-mal mehr kann die SIM also erreichen. Dies bedeutet unter idealen Bedingungen zur Mittagszeit 30 % des Stromverbrauchs. Im Jahresmittel ergäben sich daraus  3,5 % des Gesamtstrombedarfs. Das technisch machbare Potenzial in München sieht die Studie sogar bei 695 MWp, was 695 Mio. kWh/a an Ertrag bedeuten und einem Anteil von 9,2 % am Münchner Verbrauch entsprechen würde. 

Geschäftsmodell

Die SIM soll eine rechtlich selbständige Gesellschaft mit einer Minderheitenbeteiligung der Landeshauptstadt München sein. Als mögliches Geschäftsmodell hat sich die Variante „flächenakquirierender Geschäftsentwickler“ herauskristallisiert. Nach diesem Modell gehören zu den Aufgaben der SIM neben Information und Beratung vor allem die proaktive Anwerbung von Dachflächen jeder Größenordnung. Dachflächenbesitzer werden durch eigens auf sie zugeschnittene Dienstleistungen motiviert, ihre Flächen zur Verfügung zu stellen. Zusätzlich steuert die Initiative die Planung und Realisierung der Anlagen, ohne jedoch eigene operative Ressourcen aufzubauen. Hierfür werden lokale Unternehmen aus den Bereichen Planung/Projektierung und Montage/Wartung beauftragt. Die SIM übernimmt die Koordinierung und eine qualitätssichernde Funktion.

Nicht zuletzt wird das Engagement der Stadt in der SIM auch dazu beitragen, innerhalb der Stadtverwaltung den Stellenwert der Förderung von Photovoltaikanlagen positiv zu verändern und Verwaltungsabläufe zu beschleunigen.

Finanzkräftige Gesellschafter liefern das benötigte Eigenkapital und tragen auch das gesamte Risiko. In den meisten Fällen soll die SIM die Solaranlagen nicht im Eigentum behalten, sondern durch Veräußerung an Solarfonds refinanzieren, an welchen sich wiederum Bürgerinnen und Bürger wie auch Investoren beteiligen können.

Gründung der Gesellschaft

Am 11. Mai hat der Münchner Stadtrat der Gründung der Solarinitiative München nahezu einstimmig zugestimmt. Die Gesellschaftsgründung soll möglichst noch vor der Sommerpause erfolgen. Erste Gespräche mit Vertretern von großen Münchner Unternehmen aus der Privatwirtschaft liefen äußerst erfreulich und die Unternehmen zeigten durchweg ernsthaftes Interesse, sich hier aktiv zu beteiligen. In den nächsten Monaten wird es darum gehen, im Dialog mit den Unternehmen ein gemeinsames Vorgehen zu entwickeln. Auch die Stadtwerke München wollen sich engagieren.

Die SIM will jedoch auch kleinere Unternehmen als Gesellschafter gewinnen. Ebenso sollen Kleinanleger und Besitzer kleiner Flächen mitmachen und vom Ausbau der Solarenergie profitieren. Dacheigentümer, Privatpersonen und Unternehmen sollen dazu motiviert werden, ihre Dächer an die SIM zu verpachten oder in Solardächer zu investieren.

Positive Effekte für die Münchner Wirtschaft

Die Solarinitiative hat auch einen weiteren positiven Effekt: Die Münchner Wirtschaft, insbesondere das Handwerk, erfährt einen starken Impuls durch die notwendigen Planungs- und Installationsleistungen, welche überwiegend durch die örtlichen Betriebe durchgeführt werden sollen. Die Machbarkeitsstudie schätzt – auch hier wieder sehr konservativ – die Investition auf rund 450 Millionen Euro bis 2030. Durch die Vergütung nach dem EEG werden mehr als 500 Millionen Euro zurückfließen.

Oberbürgermeister Christian Ude: „München steuert im Energiebereich um wie keine andere Großstadt: Die SWM werden bis 2025 grünen Strom in einer Menge von 7,5 Milliarden kWh – Münchens gesamter Stromverbrauch – selber erzeugen, vornehmlich mit Windenergie- und Solaranlagen, die verteilt sind auf Nordsee, Irische See, Südspanien und halb Deutschland. Die Anstrengungen der Stadtwerke sind enorm und einzigartig.

Mit der SIM gehen wir jetzt den nächsten Schritt: Wir wollen damit beträchtlich den Anteil von ökologisch erzeugtem Strom direkt hier in München steigern und damit unabhängiger vom Energietransport und von der jeweiligen Lage vor Ort werden. Sicher: Gemessen an Münchens Gesamtverbrauch entspricht das einem Anteil von drei bis fünf Prozent. Aber zur Energiewende bedarf es eben vieler Schritte. Und dies wollen wir nicht alleine tun, sondern gemeinsam mit Münchner Unternehmen, mit dem Handwerk und den Bürgerinnen und Bürgern.“

Sabine Nallinger: „Wie notwendig der Umbau unserer Energieerzeugung ist, das wird uns gerade wieder durch die Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko vor Augen geführt. Wir müssen weg vom Öl – und natürlich weg von der Atomenergie – und hin zu regenerativen Energieträgern wie Sonne und Wind. Dabei kommt es nicht zuletzt auf die Ausschöpfung des lokalen Potenzials an. Das ist nicht nur ein wichtiger Beitrag zur umweltfreundlichen Energieerzeugung, es ist auch ein nennenswerter Beitrag zur Energiesicherheit: Wir sind weniger abhängig von nicht beeinflussbaren politischen, technischen und wirtschaftlichen Faktoren.

Durch lokale Energieerzeugung bleibt außerdem ein großer Teil der Wertschöpfung in der Region. Die Münchner Bürgerinnen und Bürger können einen sichtbaren und messbaren Beitrag zum Klimaschutz leisten, denn selbst Kleinstanleger sollten sich das sichere Investment leisten können. So kann die SIM in idealer Weise wirtschaftliche, ökologische und finanzielle Vorteile bündeln.“

Letzte Aktualisierung: 10.06.2010